Es ist ein ziemlich schäbiges Wahlkampfmanöver, stellt unser Fraktionsvorsitzender Heiko Weiershäuser erschrocken fest, dass der bisher eigentlich seriöse Bundesfinanzminister Schäuble jetzt im Wahlkampf die Abschaffung der Gewerbesteuer fordert. Bund und Land Hessen haben unserem Wolfhagen in den letzten Jahren mehrere hunderttausend Euro entzogen, aber immer mehr Aufgaben aufgebürdet. Jetzt die einzige reelle städtische Einnahmequelle abschaffen zu wollen, ist starker Tobak ! Man will wohl uns Kommunen über die Finanzzuweisungen "kontrollieren", vermutet Heiko Weiershäuser, so, wie es beim Rettungsschirm in Hessen jetzt schon geschieht: Streicht eine Kommune nicht die freiwilligen, aber Lebensqualität bringende Leistungen (Sozialleistungen für Kinder, Familien und andere), dann bekommt sie eben kein Geld !
Auch die hessische SGK spricht von einem durchsichtigen Vorstoß zur Abschaffung der Gewerbesteuer anlässlich der neuerlicher Äußerungen des Bundesfinanzministers. Statt die prekäre Haushaltslage in immer mehr Städten, Gemeinden und Landkreisen zu lösen, werde damit vielmehr ein unnötiger Konflikt zwischen großen und kleineren Kommunen geschürt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte mit einer Forderung nach einer Neustrukturierung der kommunalen Einnahmequellen das Auslaufen der Gewerbesteuer erneut in die öffentliche Debatte gebracht. Vor zwei Jahren musste er dieses Vorhaben aufgrund des starken Gegenwindes der Kommunen auf Eis legen.
„Offensichtlich wurde der Finanzminister aus dem Bundeskanzleramt angewiesen, einen neuen Versuchsballon steigen zu lassen“, zieht Hessens SGK- Vorsitzender Burkhard Albers eine Verbindung zwischen Schäubles angeblich eigenmächtigen Äußerungen zu weiteren Griechenlandhilfen und den jetzigen Überlegungen zur Gewerbesteuerabschaffung. Kanzlerin Merkel hatte im Mai
2011 verkündet, ihre Bundesregierung habe eingesehen, dass eine Abschaffung der Steuer nicht sinnvoll sei. Jetzt solle Schäuble wohl die Chancen eines erneuten Anlaufs ausloten, vermutet die SGK.
Im Gegensatz zum Bundesfinanzminister ist aus Sicht der Kommunalen aber nicht die Abschaffung der Gewerbesteuer das Allheilmittel. In einem von Schäuble favorisierten Modell der „Stiftung Marktwirtschaft“ sollen die Städte und Gemeinden dafür einen Anteil am Lohnsteueraufkommen erhalten. Zusätzlich bekämen sie ein begrenztes Hebesatzrecht an der Einkommenssteuer sowie eine neue kommunale Unternehmenssteuer.
„Das klingt zunächst interessant. Bei näherem Hinsehen wird aber klar, dass damit ein enormer Verwaltungsaufwand bei Kommunen und Bund entstünde“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Nancy Faeser am Rande eines SGK-Kommunalkongresses in Wiesbaden. „Dazu kommt die Tatsache, dass nach diesem Modell die Kommunen insgesamt Mindereinnahmen von rund 1 Milliarde Euro zu verkraften hätten. Das kann nicht die Lösung der strukturellen Unterfinanzierung der Städte, Gemeinden und Landkreise sein“.
Dabei stimmen Faeser und Albers der Forderung nach einer Gewerbesteuerreform grundsätzlich zu. Gerade deren hohe Konjunkturanfälligkeit habe vielen Kommunen während und nach der Finanzkrise das Leben schwer gemacht. Kern des Modells aus Berlin sei aber nur eine Verschiebung der Finanzzuweisungen zwischen den Kommunen. Angeblich sollten kleinere und ländliche Städte und Gemeinden davon profitieren, größere Städte Steuerzuweisungen verlieren. „Die Kommunen gegeneinander ausspielen zu wollen passt zur amtierenden schwarz-gelben Regierung in Bund und Hessen. Diese kommunalfeindliche Haltung bringt uns aber nicht weiter“, so Faeser, die in einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung den amtierenden Innenminister Boris Rhein (CDU) ablösen will.
Statt einer Abschaffung der Gewerbesteuer müsse diese beispielsweise durch die Einbeziehung der freien Berufe in den Kreis der Steuerpflichtigen oder durch eine Verbreiterung der steuerlichen Bemessungsgrundlage stabilisiert werden. Dies sei schon 2010 eine Forderung der damaligen Frankfurter Oberbürgermeisterin und Präsidentin des Deutschen Städtetags, Petra Roth (CDU) gewesen.
„Sollte der Finanzminister also tatsächlich Interesse an der Handlungs- und Überlebensfähigkeit der Kommunen haben, stehen ihm zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung, ohne die Gewerbesteuer als kommunale Finanzierungsgrundlage zu streichen“, sind Landtagsabgeordnete und Landrat überzeugt.
Wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung sowie das Hessische Kabinett Bouffier darüber hinaus entgegen anderer Ankündigungen gegen die schädlichen Auswirkungen der kommunalen Konjunkturanfälligkeit vorgehen wollen, müssten sie sich endlich dafür einsetzen, dass die Verursacher der Banken- und Finanzkrise in Zukunft an der Krisenvorsorge finanziell beteiligt werden. Damit sei den Städten und Gemeinden mehr geholfen, als durch offensichtliche Taschenspielertricks.